Innovationen benötigen ein kreatives Spannungsfeld – für das die Führungskräfte den Rahmen setzen müssen. Die Clowns und Narren stellen die Organisation auf die Probe und regen einen Prozess an, der zu vielfältigen Meinungsäußerungen einlädt und bislang unentdeckte Ideen »out-of-the-box« hebt. Innovationen brauchen Vielfalt – und der Umgang mit den Till Eulenspiegels im Unternehmen ist oft der Prüfstein, an dem sich der Grad tatsächlich gelebter »Diversity« ablesen lässt.

Die Haltung im Unternehmen ist dabei der Nährboden, auf dem Innovationen gedeihen können – oder austrocknen werden. Diese Fragen sollten Sie sich stellen:

  • Welches Mindset fördert Innovationen?
  • Wie kann ich dieses innovative Mindset in meinem Unternehmen fördern?

Was ist ein Mindset?

Das »Mindset« beschreibt die Haltung und die Grundannahmen einer Person – oder auch einer Organisation. Diese sind der Person häufig nicht bewusst. Dabei bestimmen sie Denken und Handeln ganz wesentlich. Das Mindset kann als relativ stabile Grundhaltung verstanden werden, die einerseits fluide, also veränderlich ist – andererseits aber auch eine gewisse Stabilität über die Zeit und verschiedene Kontexte aufweist.

Welches Mindset fördert Innovationen?

Sicherlich gibt es nicht nur das eine innovationsoptimierende Mindset. Gewisse Muster lassen sich jedoch erkennen. Deutschland hat mit einer starken Ingenieurstradition alle Voraussetzungen dafür, innovativ zu sein. Doch die Haltung ist dabei vor allem prozessoptimierend: Effizienz vor Exploration. Zuverlässigkeit vor Schnelligkeit. Fehlerfreiheit vor frühzeitiger Verfügbarkeit. Technische Optimierung vor Bedürfnisbefriedigung der Kundschaft. Nach dem Motto: Lass den Kunden lieber warten, als ihm ein unfertiges Produkt anzubieten. Biete der Kundin lieber das, was technisch ausgereift ist, als das, was sie will.

Die dynamischer gewordenen Märkte erfordern jedoch eine ausgewogene Balance aus technischer Exzellenz und innovativer Kundenorientierung. Der Siegeszug agiler Methoden in Entwicklung und Fertigung spricht hier eine klare Sprache – doch welches »Innovation Mindset« braucht es dafür?

Nützliche Grundannahmen, die ein innovatives Mindset befeuern

In innovativen Unternehmen teilen Führung und Mitarbeiterinnen wie Mitarbeiter häufig gemeinsame Grundüberzeugungen – die goldenen »Mindset Nuggets«.

Innovation Mindset Nugget 1: Ein wohlwollendes und optimistisches Menschenbild

Ein Unternehmen kann nur wachsen und Innovationen entwickeln, wenn auch die Menschen in dem Unternehmen wachsen und sich entwickeln können. Dazu braucht es ein tief verwurzeltes Vertrauen in die Lern- und Entwicklungsfähigkeit sowie das Potenzial von Menschen – und v. a. der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter.

Innovation Mindset Nugget 2: Das Unternehmen profitiert von der kreativen Spannung, die durch Vielfalt erzeugt wird

Innovationen entstehen durch neue Perspektiven – und durch den Dialog zwischen diesen. Diversity im Unternehmen ermöglicht diese Vielfalt. Ein bunter Mix aus Menschen unterschiedlichen Geschlechts, diverser Ethnien, sexueller Identitäten, Altersgruppen oder auch Behinderungen erhöht die kreative Spannung und damit die Innovationskraft eines Unternehmens gegenüber reinen »Monokulturen«. Rüdiger Müngersdorff von der Managementberatung Synnecta geht noch einen Schritt weiter und sagt:

„Ein Unternehmen kann nur denjenigen Markt glaubhaft bedienen, den es auch intern abbildet.“

Innovation Mindset Nugget 3: Es liegt eine innovationsfördernde Kraft in Verbindung und Austausch

Die Verbindung und der Austausch der Menschen untereinander bringen mehr, als das Ausarbeiten im stillen Kämmerlein. Individuelle Geistesblitze werden befeuert und erhalten ihre Nahrung erst durch diese Art von Zusammenarbeit.

Diese Haltung wirkt sich auf das Verständnis von Meetings aus. Wozu dienen Meetings – in die in der Regel viel kostbare Zeit investiert wird? Meetings sind in diesem Sinne nicht in erster Linie dafür da, um »Dinge geschafft zu kriegen«, sondern um den Austausch zu fördern. Das »Abarbeiten« von Aufgaben hingegen gelingt individuell oder auch in kleinen Arbeitsgruppen häufig viel besser.

Innovation Mindset Nugget 4: Eine verzeihende Fehlerkultur und der Glaube an iteratives Lernen

Selten gibt es in Unternehmen eine größere Diskrepanz zwischen der proklamierten und der tatsächlich gelebten Realität als beim Umgang mit Fehlern. Wer Fehlertoleranz nur als Binsenweisheit versteht, dem fehlt das Verständnis einer lernenden Organisation. Denn Lernen und Fehler machen sind untrennbar miteinander verbunden. Die Fehler des Einzelnen sind ein Anzeichen dafür, dass die Organisation als Ganzes lernt. Die individuelle Fehlleistung, das gemeinschaftliche Missverständnis oder auch das systemisch bedingte Versagen einer ganzen Organisation – all das sind letztlich Anlässe zur Verbesserung, die das gesamte System im evolutionären Sinne »fitter« machen: Sie helfen dem Unternehmen, sich den aktuellen Bedingungen besser anzupassen. Eine Null-Fehler-Politik bedeutet leider auch Null Chance auf Innovationen.

Innovation Mindset Nugget 5: Vertrauen in das Unfertige

Unfertige Ideen und Konzepte vorstellen zu dürfen, ist nicht in allen Unternehmen selbstverständlich – in innovativen Unternehmen schon. Die Vorteile eines Vertrauens in das Unfertige als erste sinnvolle Diskussionsgrundlage werden in innovativen Unternehmen nicht erst seit dem Erfolg agiler Methoden wie Scrum gesehen, die frühzeitig Produkte in Minimalversionen (MVP – Minimal Viable Product) am Markt testen. In der agilen Produktentwicklungsmethode Design Thinking gilt der nur halb humoristisch gemeinte Spruch, dass man sich für seinen ersten vorgestellten Prototypen noch schämen müsse – ansonsten sei dieser bereits zu weit ausgearbeitet und damit zu spät präsentiert. Perfektionismus ist der Tod von Innovationsfähigkeit. In vielen Unternehmen herrscht darüber hinaus eine verheerende Absicherungskultur, bei der aus Angst vor dem Feedback innovative Ideen gar nicht erst das Licht der Welt erblicken.

Innovation Mindset Nugget 6: Vertrauen in Intuition und emergente Lösungen

Harte Fakten sind der Traum vieler Führungskräfte und auch vieler Ingenieure. Doch Zahlen, Daten, Fakten sind häufig nicht das Ausgangsmaterial, aus dem Innovationen geschmiedet werden. Vielmehr sind es nicht selten die großen und unrealistisch erscheinenden Träume und inneren Bilder, die den »Daniel Düsentrieb« und die ambitionierte Tüftlerin zu Innovationen inspirieren. Denn mit einer allzu strengen »Miss-es-oder-vergiss-es-Logik« wird jede Initiative im Keim erstickt. Es braucht hingegen die innere Überzeugung, dass sich Lösungen einfinden, wenn man den Lösungsraum entsprechend aufbereitet. Hilfreich ist das Zulassen von Intuition und emergenten Phänomenen. Dafür braucht es eine tiefe innere Überzeugung, dass »sich die Lösung zeigen wird«, wenn der Rahmen steht, in dem alle ihr Bestes geben können.

Innovation Mindset Nugget 7: Führungskräfte als Gastgeber

Innovative Unternehmen zeichnen sich durch ein neues Führungsverständnis aus. Führungskräfte verstehen sich dort als Gastgeber, die Einladungen an ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter aussprechen – und keine Befehle geben. Mit der Haltung einer Gastgeberin oder eines Gastgebers lädt man Menschen dazu ein, einen Beitrag zu leisten und ihr Bestes zu geben. Und bei Innovationen ist es wie bei einer guten Party: Man kann sie nicht erzwingen. Ganz leicht kann man jedoch dafür sorgen, dass die Party mies wird. Übersetzt heißt dies: Wenn man will, dass Menschen sich voll und ganz einbringen, dann sorgt man dafür, dass sie sich wohlfühlen – und vertraut auf die intrinsische Motivation und die Eigeninitiative der Menschen.

 

Bildnachweis: © shutterstock.com | SvetaZi