Manchmal geht es uns so: Wir betreten einen Raum voller Leute und spüren unmittelbar, welche Atmosphäre herrscht. Mal ist gemeinsames Trübsal blasen angesagt – mal liegen die Albernheiten nur so in der Luft. Wir kennen „ansteckendes“ Gähnen – und auch das unglaubliche Wir-Gefühl in der Fankurve eines Fußballstadiums. Wir selber haben zu diesem Phänomen in einer indianischen Schwitzhütte eine intensive Erfahrung gemacht (s.u.). Wie auch in unserem letzten Newsletter erkunden wir das faszinierende Feld der Intuition. In dieser Ausgabe geht es um den Schwerpunkt Empathie und das Wesen der Kommunikation. Film: Wachstum mit dem Wissen alter VölkerSzenenwechsel: Unternehmensvisualisierung mal anders! Mit viel Engagement und Kreativität hat Filmemacher Marcus Janke mit uns die Story von agateno ins rechte Bild gerückt. „Wachstum mit dem Wissen alter Völker“: Vorhang auf – und Film ab! Wir freuen uns über Rückmeldungen und weitere Verbreitung. Viel Vergnügen beim Lesen, Anschauen – und Ausprobieren. Herzliche Grüße Eike Reinhardt & Daniel Goetz

Empathie als angewandte Intuition – Teil der Emotionalen Intelligenz

Empathie ist Teil der durch Daniel Goleman bekannt gewordenen Emotionalen Intelligenz. Für uns ist die Empathie praktisch angewandte Intuition im Bereich der zwischenmenschlichen Kommunikation. Jede Sekunde werden wir mit einer unvorstellbaren Menge an Daten torpediert. Von diesen kommen über die Nervenzellen 100 MB im Gehirn an – pro Sekunde. Nur einen winzigen Bruchteil davon können wir bewusst wahrnehmen. Und nur „eine Handvoll“ davon lässt sich in Worte übersetzen. Worte können kraftvolle Bilder erschaffen und Stimmungen erzeugen. Doch häufig ist unsere Alltagssprache nur schlecht dazu geeignet, dieses innere Gespür treffend zu beschreiben. Unser Körper gibt uns ein detailliertes Feedback, das wir jedoch i.d.R. gar nicht wahrnehmen. Und wenn wir es – unbestimmt – wahrnehmen, so fehlen uns sprichwörtlich die Worte, um dies in Gedanken festzuhalten. Wir tun dies dann häufig ab mit: „Ach, das war nur so ein Bauchgefühl.“ Die gute Nachricht: Es gibt eine „Sprache des inneren Erlebens“, die sich lernen lässt und die innere Welt deutlich präziser und zutreffender beschreibt. Im NLP wird diese Sprache mit „Submodalitäten“ bezeichnet. Ähnlich wie die Spezialsprache von Wein-Experten verhelfen die Submodalitäten einem inneren Erleben zum Ausdruck, das sich sonst nur vage beschreiben ließe. Die Wissenschaft beschäftigt sich seit einigen Jahren sehr intensiv mit der Intuition. Einer der faszinierendsten Erkenntnisse war die Entdeckung von sog. Spiegelneuronen. Diese Zellen haben die erstaunliche Fähigkeit, die Hirnaktivität des Beobachters an die des Beobachteten anzupassen. Im Gehirn des Beobachters werden also die gleichen Zellareale aktiviert, wie im Gehirn der beobachtenden Person. Das funktioniert für motorische Handlungen, aber auch für das Spiegeln von Emotionen. Der Neurobiologe Joachim Bauer, Autor des Buches ‚Warum ich fühle, was du fühlst – Intuitive Kommunikation und das Geheimnis der Spiegelneurone‘, sagt: „Alles biologische Geschehen hat in seinem Kern eine kommunikative Funktion.“ Tiefe Empathie, das „Einfühlen“ in eine andere Person, erlaubt uns, die Empfindungen einer anderen Person besser einschätzen zu können. Wir gehen dabei in Resonanz mit den unmerklichen „Signalen“, die unser Gegenüber dabei unwillkürlich die ganze Zeit „sendet“: Mimik, Atmung, Betonung, Sprechtempo, Veränderungen der Hautfarbe (Durchblutung), kleinste Bewegungen, … (Zur Sender-Metapher unten mehr!) Genau genommen nehmen wir also (nur) unsere eigenen Reaktionen auf das wahr, was unsere Sinnesorgane – zu 99% unbewusst – aufnehmen. Intuition ist also in diesem Verständnis ein unbewusster Prozess. Bedeutet dies, man kann Intuition gar nicht lernen? Doch! Denn was wir häufig vergessen: Die meiste Zeit lernen wir unbewusst! Das bewusste Lernen, z.B. anhand von Regeln oder „Kochrezepten“, beinhaltet auch immer ein weitaus größeres Maß an unbewusstem Lernen. Die Herausforderung ist also vielmehr, das ohnehin stattfindende unbewusste Lernen auch ohne die „Krücke“ des bewussten, analytischen Lernens zuzulassen. Durch Methoden können wir einen Prozess durchlaufen und dadurch Lernen, ohne dass wir diesen analytisch vollständig verstehen müssen. Lernen am Vorbild geschieht häufig auf diese Weise. Ein Beispiel hierfür ist Mr. Miyagi und sein Schüler „Daniel-San“ im Film Karate Kid: Nachahmung des Lehrers und Durchführen von Anweisungen, deren Sinn sich dem Schüler zunächst nicht erschließ: „Wachs auftragen – und polieren  – Wachs auftragen – und polieren …“

Das Wesen der Kommunikation

Wir kennen das Modell von Sender und Empfänger (z.B. in der Form des Kommunikationsquadrats nach Schulz v. Thun). Es ist nützlich und verhilft zum Perspektivwechsel. Doch ist diese (technische) Metapher für zwischenmenschliche Kommunikation wirklich ausreichend? Bei den Naturvölkern haben wir ein anderes Konzept kennen und schätzen gelernt. Hier geht man von einem eigenen „Wesen der Kommunikation“ aus, das aus der Mitte des gemeinsamen Zusammenseins erwächst. Hier bei uns findet es sich auch in sprachlicher Form wieder, durch Ausdrücke wie „etwas steht wie eine Mauer zwischen uns“. Im Englischen gibt es die Metapher des „elephant in the room“ (den jeder spürt, aber niemand anspricht) noch lebendiger wieder. Zur Illustration kann man sich ein Dreiecks-Modell der Einflussfaktoren vorstellen, mit diesen Komponenten: „Ich“, „Du“ (=der/die Andere) und „Kontext“. Der Kontext umfasst dabei alle zeitlichen, räumlichen und situativen Einflüsse. „Man kann nicht ‚nicht-kommunizieren‘ “ hat bereits Paul Watzlawick gesagt. Für uns bedeutet dieser Satz auch:  Das Wesen der Kommunikation verbindet uns bei jedem kommunikativen Kontakt. Die Beziehung ist dabei wechselseitig und gemeinsam, d.h. sie geht eben nicht (nur) vom sog. „Sender“ zum „Empfänger“. Dazu eine Denkaufgabe: Wer oder was macht die Musik, wenn ein Gitarrenspieler eine Saite zupft? Der Gitarrist? Die Saite? Der Klangkörper? Die (übertragende) Luft? Das (verarbeitende) Gehirn? – Würde auch nur ein Anteil dieses „Ton-Wesens“ fehlen, gäbe es keinen Ton!

Anekdote aus dem Reservat

Wir selber haben während einer Schwitzhütten-Zeremonie dazu ein intensives Erlebnis gehabt. In der Schwitzhütte sitzt man zusammen mit einer Gruppe Menschen in einer mit heißen Steinen erhitzen Iglu-artigen Konstruktion – in völliger Dunkelheit. Während der Älteste (Elder) seine Gebete sprach, überkam uns – spontan und ohne erkennbaren Grund – eine große Traurigkeit. Wir waren selber verwundert, wo diese überraschende Emotion herkam. Erst dann bemerkten wir, wie andere Menschen in der Schwitzhütte anfingen, zu seufzen – und schließlich zu schluchzen. Die Stimme des Elder begann zu zittern, bis auch er weinte. Erst im weiteren Verlauf wurde uns klar, dass die Sprache gerade auf einen alten Freund des Elder gekommen war, dem gerade ein Unglück widerfahren war. – Wir können uns bis heute nicht (rational) erklären, wie wir selber diese deutliche Traurigkeit im Raum wahrnehmen konnten, bevor (!) nachvollziehbare Gründe offenbar wurden. Für uns ist diese Erfahrung ein faszinierendes Beispiel für dieses gemeinsame Wesen der Kommunikation. Aus unserer Sicht hat jedes Zusammensein, jedes Meeting, jede Unternehmung einen solchen Wesenskern. Und wir können durch unsere eigene Haltung und unsere Verhaltensweisen darauf Einfluss nehmen – im Guten wie im Schlechten.


Es gibt nichts Gutes, außer man tut es!

Wenn Sie sich dem Wesen der Kommunikation und Ihren intuitiven Fähigkeiten auf dem Feld der Empathie nähern wollen, können Sie dies mit diesen einfachen Übungen tun:

  • In den Mokassins des Anderen gehen: Eigentlich müsste es heißen: Sich auf den Stuhl des Anderen setzen. Und das ist hier ganz wörtlich gemeint. Setzen Sie sich vor einer Präsentation oder einem wichtigen Gespräch auf den Stuhl des Publikums / Gesprächspartners. Sich intuitiv in eine andere Person hineinversetzen bedeutet, diese Person ganzheitlich wahrzunehmen. Das heißt: Nicht nur die Argumente und verbalisierten Sichtweisen, sondern v.a. all das, was nicht gesagt wird. Sie werden erleben: Der Ortswechsel unterstützt Sie dabei, diese andere Perspektive besser zu verstehen. Probieren Sie es aus!
  • Wenn Sie die Übung noch intensivieren wollen, stellen Sie sich diese Fragen:
    1. Was weiß diese Person über Sie?
    2. Mit welchen Erwartungen, welcher Absicht – oder auch Anforderungen Dritter – kommt diese Person?
    3. Was will diese Person wohl für sich selber sicherstellen (in diesem Kontext)?
  • Mit der Intuition im Alltag experimentieren: Was könnte im Café wohl die Person am Nebentisch gerade denken? Welche Lebensgeschichte hat sie? Wie würde es sich anfühlen, in ihre Haut zu schlüpfen?
  • Wenn Sie es spielerisch mögen: Setzen Sie sich einer anderen Person gegenüber auf einen Stuhl. Denken Sie intensiv über etwas nach. Rufen Sie die dazugehörigen Bilder vor Augen; ebenso die Stimmen oder Geräusche. Die andere Person macht es genauso – ohne, dass Sie sich jeweils „Ihr“ Thema verraten haben. Schauen Sie dann auf die andere Person und prägen sich deren Sitzhaltung, Mimik und Gestik ein. Dann wechseln Sie blitzschnell die Stühle und nehmen exakt die Körperposition ein, die die andere Person vorhin hatte. Nehmen Sie wahr. Welche Gedanken kommen Ihnen hier auf diesem Platz? Seien Sie offen für Alles, was kommt. Spekulieren Sie: Worüber hat die andere Person nachgedacht? Tauschen Sie sich anschließend aus – und lassen sich vielleicht überraschen von „Vorhersagen“!

Teilen Sie uns Ihre Erfahrungen mit!

Wie ist Ihnen die Intuition bisher begegnet? Welche Beispiele für intuitive Erlebnisse haben Sie? Können Sie diese gedanklichen Orte oder Zustände bewusst hervorrufen oder zumindest begünstigen? – Teilen Sie Ihre Gedanken auf unserer Facebook-Seite!

Der Blick nach vorn – darauf können Sie sich freuen

In den nächsten Ausgaben der Rauchzeichen berichten wir:

  • Intuition bei komplexen Entscheidungen nutzen
  • Die Grenzen der Intuition