In unserem ersten Artikel zur Reihe »Leadership of the Future« haben wir uns die Kernaufgaben von Führung angesehen – und festgehalten, dass sich aufgrund von Digitalisierung, Agilität und VUCA-Bedingungen das Managen von Beziehungen als neuer Führungsschwerpunkt entwickelt hat. Mehr denn je braucht es eine Führungskraft, die Coach und Enabler ist, die positive Spannung im Team erzeugt und Beziehungen fördert. Auch in diesem Artikel möchten wir einen Blick auf Beziehungen werfen – mit der Brille des »Positive Leadership«.

Beziehungen – im Privaten wie im Beruflichen – können Energie rauben oder geben, einen Menschen kleinhalten oder stark machen, zu Unsicherheit führen oder das Selbstbewusstsein fördern. Adaptieren wir das auf Unternehmen und deren Führungskräfte, nimmt dieser Aspekt eine entscheidende Rolle ein und stellt die Frage: Möchten Sie als Führungskraft jemand sein, dem sich Mitarbeitende vertrauensvoll zuwenden und aus dem sie Energie schöpfen können?

Der Ansatz des Positive Leadership besagt, dass Mitarbeitende sich denjenigen Führungskräften zuwenden, die ein positives Umfeld gestalten. Bei denen sie sich sicher fühlen, lernen können und von denen sie Unterstützung erhalten. Die ihnen Vertrauen schenken und Weiterentwicklung ermöglichen. Als Metapher nutzt Positive Leadership den aus der Biologie bekannten Heliotropen Effekt: Alle lebenden Organismen streben in die Richtung, aus der sie Energie beziehen. Denken Sie bspw. an eine Sonnenblume, deren Blüte sich nach der wandernden Sonne richtet.*

Stärken und Talente fokussieren

Genau das möchte auch Positive Leadership. Dieser Führungsansatz konzentriert sich darauf, das vorhandene Positive im menschlichen Handeln wahrzunehmen und anzuerkennen – und auf diese Weise den Menschen insgesamt zu stärken. Die negativen Aspekte sollen dabei nicht negiert werden, jedoch ist es das Ziel, ganz bewusst eine andere Perspektive auf die Realität einzunehmen. Das impliziert unter anderem, aus Erfolgen und Fehlern gleichermaßen zu lernen, anstatt ausschließlich auf Fehler zu reagieren und diese abzustrafen. Der Fokus geht weg von Mängeln und Schwächen – was nicht bedeutet, dass jene ausgeblendet oder ignoriert werden. Vielmehr wird nach der Überzeugung geführt, durch eine konsequente Stärkung der Stärken Menschen zu entwickeln und so Schwächen zu überwinden. Dazu ermächtigt und ermutigt Positive Leadership Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sich persönlich einzubringen und weiterzuentwickeln und schafft eine Atmosphäre im Unternehmen, in der Potenziale mit Begeisterung mutig eingebracht werden.

Welche Handlungsempfehlungen gibt Positive Leadership?

Sinnhaftigkeit entdecken

Gerade in einer Zeit, die komplexer wird, ist es wichtig zu wissen, warum man etwas tun soll. Nehmen Sie sich als Führungskraft die Zeit dafür, Ihren Mitarbeitenden zu erklären, warum und vor allem wozu bspw. ein anstehender Change nötig ist. Sprechen Sie über die Vorteile, die Kunden, das eigene Unternehmen und die Mitarbeitenden selbst davon haben. Das fördert Verständnis und ermöglicht, im eigenen Tun einen individuellen Sinn zu entdecken.

Hochwertige qualitative Beziehungen fördern

Pflegen Sie Beziehungen, die für alle Beteiligten wertvoll sind. Schaffen Sie für sich und Ihre Mitarbeitenden einen Rahmen für einen respektvollen und vertrauensvollen Umgang miteinander. Tägliche kleine freundliche Gesten sind wirksamer als einmal im Monat »die große Show«.

Spielerische Teilnahme leben

Arbeit darf Spaß machen. Wird bei Ihnen im Team viel gelacht? Oder halten Sie Leichtigkeit und Lockerheit bei der Arbeit für einen Störfaktor? Leben Sie als Führungskraft mit Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen humorvollen Umgang. Zelebrieren Sie Etappenziele. Feiern Sie Erfolge. Das fördert den Teamspirit.

Aktive Unterstützung geben

Bieten Sie anderen aktiv Unterstützung an und lassen Sie Ihre Mitarbeitenden glänzen. Was können Sie dazu beitragen, damit Ihr Team für sich Erfolge feiern kann? Seien Sie ein »Enabler« (Ermöglicher) für unterstützendes, motivierendes Co-Working.

Vertrauen vermitteln

Schenken Sie Ihren Mitarbeitenden Vertrauen. Vertrauen ist eine Qualität, die mit der positiven Erfahrung wächst. Wie können Sie Vertrauen aufbauen? Indem Sie erstens Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Zutrauen in ihr Potenzial schenken und zweitens die Möglichkeiten schaffen, dass sie sich bewähren können. Fangen Sie mit leichten Dingen an – und werden dann immer anspruchsvoller.

* Der »Positive Leadership«-Ansatz nach Prof. Kim Cameron basiert auf den Erkenntnissen der Positiven Psychologie. Diese wurde begründet durch den Psychologen Abraham Maslow und weiterentwickelt u. a. durch Martin Seligman und Mihály Csíkszentmihályi (»Flow«-Erleben).

Abschließend noch ein paar Fragestellungen, mit deren Antworten Sie Energiefresser und -geber ermitteln und Positive Leadership etablieren können:

  • Wo erlebe ich energiefressende bzw. energiespendende Situationen mit anderen Menschen?
  • Was sind die konkreten Verhaltensweisen, die mir Energie rauben bzw. geben?
  • Wie kann ich die energiespenden Verhaltensweisen vermehrt in meinen Alltag einbauen?
  • Wie kann ich mein Team für das Thema Positive Leadership sensibilisieren?
  • Wie kann ich als Führungskraft Vorbild und Energiespender für meine Leute sein?

Positive Leadership führt in die Zukunft

Die Führungskraft der Zukunft zeichnet sich dadurch aus, die Beziehungen im Unternehmen zu fördern und Menschen in ihren Potenzialen zu unterstützen, um so das Unternehmen zu einem gleichermaßen wertschöpfenden wie wertschätzenden Ort zu machen.

Der aktuelle Artikel ist der dritte Teil einer Mini-Serie zum Thema »Leadership of the Future«. Die übrigen Beiträge:

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